Hexen im British Folk der 60s
… ein Thema, dass man wahrscheinlich vor allem mit den vergnüglichen Songs von Donovan und Co. verbindet. Ich denke an Incredible String Band mit Witches Hat oder Fairy Tale Lullaby von John Martyn. Die Musik des Psychedelic Folk um 1967/68 war voll davon und blieb präsent in allen möglichen Spielarten wie Indie Folk und Weird Folk. .
Eine Jugend, die in den aufstrebenden 60ern keine existenziellen Probleme mehr hatte, fand die Zeit zu träumen und ab und zu ein wenig zu gruseln bei der Witch Queen of New Oeleans, Marie Laveau.
Scottish Witch Craft Act 1563
Hexen waren in der englischen Folk Musik ein Objekt oder Subjekt, das Spaß machte und gute Laune verbreitet, zauberhaft war. Das hat sich geändert durch das Erscheinen des Albums HEAL AND HARROW. Heel and Harrow behandelt die schottischen Hexenprozesse des 16. und 17. Jahrhunderts. Das war eine dunkle Periode in der schottischen Geschichte, in der 2558 Menschen getötet worden, nachdem der schottische Witchcraft Akt eingeführt worden war – 80 % davon waren Frauen.
In Dornach in Schottland steht ein Stein am Strand, der daran erinnert, dass dort im Jahre 1727 Janet Horne hingerichtet worden ist.. Horne war die letzte Person, die in Schottland legal hingerichtet worden war und das Urteil wurde erst 1735 zurückgenommen. An diesem Stein trafen sich Rachel Newton und Lauren MacColl und entwickelten die Idee zu einem Album. Sie beauftragten einen Schreiber Texte zu schreiben mit zehn fiktionalen Geschichten.
Diese Geschichten von Mairi Kidd sind die Grundlage für die zehn Lieder der Platte. In den Liedern stellen sie durchaus aber auch Verbindungen her mit der Lage von Frauen in der heutigen Zeit. Sieben dieser Lieder behandeln Frauen, die tatsächlich existiert haben, zum Beispiel Lilias Adie, der der erste Song gewidmet ist. Lilias ist die einzige Hingerichtete, von der es tatsächlich ein Grab gibt.
Der Song An Teine (The Fire) ist das einzige Lied, das auf gälisch gesungen wird, es behandelt der Tod von Catherine McKinnon. Während die meisten Hexen in einem „normalen“ Verfahren angeklagt wurden, wurde Catherine, eine Bettlerin, in ihrem Haus von einem Highland-Landbesitzer auf der Insel Sky gefoltert und dann liegen gelassen, zwölf Tage später starb sie. Der Angreifer wurde zwar angeklagt aber nie verurteilt.
Ein weiterer Song sollte noch erwähnt werden: Judge not. Was mit Synthesizerklängen beginnt, setzt sich fort als eine sehr merkwürdige Geschichte aus der an Merkwürdigkeiten nicht gerade armen Zeit der Hexenverfolgung. Christian Caldwell war eine Frau, die sich als Mann verkleidet unter dem Namen John Dickson als Hexenverfolger(in) anstellen ließ. Ihre Methode war das witch pricking, bei dem man mit einer speziellen Nadel in den jeweiligen Körper stach. Traf man eine Stelle, die nicht blutete, so war der Beweis erbracht. Floß kein Blut, so stach man weiter. In Edinburgh traf sie auf den Falschen, sie wurde 1662 selbst der Hexerei angeklagt, als Frau identifiziert und auf eine Fieberplantage auf den Barbados verbannt.
Zu den beiden Musikerinnen: Rachel Newton spielt Harfe, Elektrische Harfe, Piano, Harmonium, Synthesizer und Kalimba, ansonsten ist sie Mitglied bei Furrow Collective, Shee und Spell Songs. Lauren McColl spielt mit bei RANT und Salt House.
Hexenprozesse von Salem 1692
In einem kurzen Abstecher soll noch auf den berühmtesten aller Hexenprozesse hingewiesen werden: Salem 1692.
200 Menschen wurden angeklagt und 20 Personen hingerichtet. Musikalische Aufarbeitung findet sich vor allem in dem Album Witches and War-Whoops: Early New England Ballads von John Allison. In düsterer Stimmung werden hier die Geschichten der Hingerichteten erzählt. In einem Booklet gibt Allisison Informationen zu jeder einzelnen Geschichte.
Hexen und Hexenzauber in Folksongs
Zum Thema gibt es viel Müll, satanistischen Quatsch u.a. Glücklicherweise haben sich die englischen Folksänger*innen recht seriös gezeigt. Aus der Fülle der Songs, die sich mit recht weit gefassten Bereich möchte ich nur einige herausnehmen.
Zauberhafte Wesen: Selkies
Selkies sind der schottischen Mythologie entsprungen und es handelt sich hier um das Phänomen, dass Robben an Land gehen, dort das Fell verlieren und als Menschen weiterleben, vorzugsweise als wunderschöne Frauen.
Darüber hinaus gibt es weitere Erzählungen von Robben, die sich aus dem Wasser erheben und einem Sänger zuhören. Seal people sind ganz allgemein Menschen, deren Vorfahren Robben waren. Der Grey Silkie of Skulesberry ist die ursprüngliche Figur für einen Song, der zu den am häufigsten interpretierten englischen Folksongs gehört – auch in den USA, wo z.B. Joan Baez und Roger McGuinn ihn aufgenommen haben.
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