50 Jahre Watergate – da wär ich nicht unbedingt drauf gekommen, aber die hervorragende Serie „Gaslit“ hat mich dazu gebracht. Im Juni jährte sich der Einbruch in das Demokratenbüro im Watergatekomplex zum fünfzigsten Mal. Die historischen Fakten sind bekannt. Die Sichtweise der Gaslit Serie sicher noch mal eine Erinnerung an die kriminelle und verkommene Energie, die entscheidende Teile der Republikanischen Partei schon damals charakterisierte. Halderman, Mitchell und Co. Wären sicher gute Kumpane für Trump.
Da die Fakten bekannt sind, konzentriere ich mich auf die Songs, die Nixon in seiner politischen Biographie begleiteten mit dem Schwerpunkt auf Watergate.
https://de.wikipedia.org/wiki/Watergate-Aff%C3%A4re
https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Nixon
Vorgeschichte Nixonunterstützer und -gegner
Von 1953-61 war Richard Nixon ein eher dubioser und nicht besonders angesehener Vizepräsident unter Eisenhower. Schon damals erwarb er sich den Spitznamen Tricky Dick und es ist im Rückblick schon erstaunlich, dass er zum Thema von Songs wurde:
Joe Glazer: Ballad of Richard Nixon (1956)
https://www.discogs.com/release/9499944-Joe-Glazer-The-Political-Minstrel-And-His-Guitar
In dem Song wird die Checkers Rede erwähnt. Es handelte sich um Nixon’s ersten größeren Skandal, als im vorgeworfen wurde, Geld für seinen Wahlkampf von einem Konsortium von Reichen entgegen genommen zu haben. In einer 30minütigen, oft privat gehaltenen Rede behauptete er, nie Gegenleistungen erbracht zu haben. Das einzige wirkliche Geschenk sei eine Cocker Spaniel gewesen, den seine Tochter Pat Checkers getauft habe. Die Rede gilt heute noch als Beispiel für clevere PR.
https://en.wikipedia.org/wiki/Checkers_speech
Kandidatur gegen Kennedy
1961 kandidierte Nixon gegen John F. Kennedy um die Präsidentschaft. Er verlor mit einem Rückstand von 100 000 Stimmen. Eigentlich ein ziemlich knappes Ergebnis, dennoch galt es als vernichtende Niederlage für Nixon und 1962 verkündete er, dies sei seine letzte Pressekonferenz.
Zwei Songs zum Wahlkampf:
Clancy Hayes: Go vote Richard Nixon (1960)
Carol and Anthony: Big John
Pro-JFK Song. Nixon wird hier nur „der andere“ genannt.
Antikriegssongs
In der Präsidentschaftszeit von JFK waren die politischen Songs hauptsächlich dem Vietnamthema gewidmet und konzentrierten sich auf den amtierenden Präsidenten Kennedy.
Goldcoast Singers: Please Mr. Kennedy
Die Goldcast Singers waren George Cromarty und Ed Rush. Der Song steht für einige andere mit einem ähnlichen Gestus. Später unter Nixons Präsidentschaft gab es ähnliche. Hier wird Jackie Kennedy gebeten auf ihren Mann einzuwirken, um den Krieg zu beenden. Unter Nixon wurde die Bitte an Nixons Tochter Patricia gerichtet.
Please Mr. Kennedy, I don’t want to go / I don’t want to play no Russian roulette / I don’t to go, I’m too young to die yet / Well I ain’t gonna smoke that last cigarette / Please Mr. Kennedy, well well I don’t want to go / Whoa whoa, bang bang / Please Mr. Kennedy / Don’t want to go, whoa whoa, well, well / The shelter is ready, my bag I’m gonna pack / In case old Khrushchev decides to attack / There’s a good chance of that if you send Lyndon Johnson back… / Too young to vote / So what do I get? / Shot out of the sky by the Russian jet / Well there might be hope for Richard Nixon yet… / Reason with him, Jackie“
The Goldcoast Singers – Please Mr. Kennedy
Aber auch Nixon kam in einem sehr bekannten Song von Simon and Garfunkel vor:
Simon and Garfunkel: 7 O‘Clock News/Silent Night 1966
In Washington the atmosphere was tense today as a special subcommittee of the House Committee on Un-American Activities continued its probe into anti-Vietnam war protests / Demonstrators were forcibly evicted from the hearings, when they began chanting anti-war slogans / Former vice-president Richard Nixon says that unless there is a substantial increase in the present war effort in Vietnam the U.S. should look forward to five more years of war / In a speech before the convention of the Veterans of Foreign Wars in New York, Nixon also said opposition to the war in this country is the greatest single weapon working against the U.S
Präsidentschaftskampagne 1968
1966 kündigte Nixon an, erneut für die Präsidentschaft zu kandidieren. Wieder gab es Songs, die den Wahlkampf begleiteten:
Connie Francis : Nixon’s The One
In einem Antisong machten sich John Denver, David Boise und Michael Jonson unter dem Namen Denver, Boise and Johnson über Nixon lustig.
„The ’68 Nixon (This Year’s Model)“ verwies darauf, wie Nixon im Laufe der Jahre sein Image verändert hatte:
„Hi there voters…Tired of the same vote appeal?… / Well, looks who back with a brand new style… / It’s the 68 Nixon, everything is new / A brand new image just for you… / His ’56 production was loaded with spike / His 60 was a copy of the 58 Ike, the third is a charm… / He is liberal and Conservative, humble and proud… / Run and see him quickly before he changes again… / The preceding was a paid political denouncement“
Denver, Boise And Johnson – The ’68 Nixon (This Year’s Model)
Nixons Präsidentschafts war gekennzeichnet durch „Vietnamisierung“ und eine Annäherung an Peking im Äußeren und Repression im Inneren.
Kent State / Neil Young
Im Mai 1970 erschien in Newsweek ein Foto, dass die weinende Mary Vecchio bei dem Leichnam ihres Freundes zeigt. Dies war mit drei Kommilitonen an der Kent State University von der Ohio National Guard erschossen worden. Es wühlte die Nation auf.
https://en.wikipedia.org/wiki/Ohio_(Crosby,_Stills,_Nash_%26_Young_song)
Neil Young: Ohio
Die Steve Miller Band nahm mit Jackson-Kent Blues einen weitern Song zum Thema auf, der vielleicht nicht so beachtet wurde wie Ohio. Er erwähnte jedoch die Erschießung von zwei Afro-Amerikanern am Jackson State College am 15. Mai 1970. In den rassistischen USA standen weiße Mittelschichtkids stärker halt im Licht der Öffentlichkeit. Bereits 168 waren drei Afroamerikaner bei einer Demontration erschossen worden (Orangeburg Massacre).
„Headed for Ohio when I read the news about the people demonstrating against the president’s views / Four were shot down by the national guard troops / Just like Uncle Sam I put on my fighting shoes / With those low down, profound killin‘ four blues / Lookin‘ for my Congressman to make it all well known / But the politicians not in, won’t answer his telephone / Making in his office while they’re shooting kids down at home / Worried about the voters but he won’t be there long / Silent majority still glued to the tube / Say CIA ain’t lookin‘, FBI come unglued / Shot some more in Jackson / Just to show the world what they can do / While we’re marching to D.C. cause there’s too much to do / Nothing any good has ever come of a war / Got those low down,p rofound, killin‘ four blues / Give peace a chance, give peace a chance“
The Steve Miller Band – Jackson-Kent Blues
Während Nixons Präsidentschaft standen ansonsten Songs über My Lai, Martin Luther King und die Silent Majority im Vordergrund.
Wahl 1972
1972 war eigentlich Nixons größter Erfolg. Er gewann die Wahlen mit 61% gegen George McGovern mit 38%. Das Vergnügen sollte nur kurz dauern.
Tom T.Hall nahm noch vor Watergate einen bösen Song zur gewonnen Wahl auf:
The Monkey That Became President
Watergate
Der Watergateeinbruch fand noch vor der Wahl statt und geriet direkt nach der Wahl sehr schnell ins Licht der Öffentlichkeit. Entdeckt wurde er von einem Wachmann, angeklagt wurden Gordon Liddy und vier Kubaner. Der Wachmann wurde erst mit einer Lohnerhöhung um 2,50$ und schließlich durch seine Entlassung belohnt. Er starb in Armut. Durch die Arbeit von einigen Polizisten (gegen ihren FBI Vorgesetzten, der sich an einer stümperhaften Vertuschung abmühte), durch erste Leaks und die schließlich komplette Darlegung durch den Mitverschwörer John Dean wurde der Vorgang öffentlich. Nixon trat zurück.
Tom T. Hall: Watergate Blues
They dug into Watergate, the further they went / It seemed they just might, run into the president… / Halderman, Mitchel & Dean…Watergate it was all you / Could read in the news, Dicky said it was news to me… / Why are there no honest people no more?
David Allen Coe: How high‘s the Watergate, Martha
In einem Noveltysong zu How high‘s the water fragt Coe, wie weit die Enthüllungen denn jetzt schon gestiegen sind. Ähnlich dem steigenden Hochwasser werden einige Beteilgte abgefragt, darunter auch Martha Mitchell, die Frau des Justizministers und zentrale Figur der Serie Gaslit. Sie erhielt große Popularität durch ihre Telefonate mit Journalist*innen.
David Allan Coe – How High’s the Watergate, Martha
Verarbeitung eines Skandals /Traumas
In den folgenden Songs wird das Thema auf unterschiedlichste Weise verarbeitet:
Frank Zappa, „Son of Orange County“
Son Of Orange County (Live/1974)
The Undisputed Truth – Smiling Faces Sometimes
Howlin Wolf: Watergate Blues:
„Everybody, have you heard the news? / The folks at the White House have the Watergate blues… / Don’t do us wrong / Don’t make no mistake, because we will blow the whistle on you / Just like we did at Watergate“
Stevie Wonder: You haven‘t done nothing
„We are amazed but not amused, by all the things you say that you’ll do / Though much concerned but not involved, with decisions that are made by you / But we are sick and tired of hearing your song, telling how you are gonna change / Right from wrong, cause if you really want to hear our views, you haven’t done nothing“
James Taylor: Line em up
„I remember Richard Nixon back in ’74, and the final scene at the White House door / And the staff lined up to say good-bye, tiny tear in his shifty little eye / He said nobody knows me, nobody understands / These little people were good to me, Oh I’m gonna shake some hands“
Jay Lee & Michael Vee: Ballad of Watergate
Möglicherweise wird man hier an einen Hund namens Snoopy aka The Red Baron erinnert:
„Early in the summer of ’72 / There sat a bunch of people with nothing to do / So they made up a plan and they made up a scheme / About how to invade the American dream / They put a bug here and they put a bug there / They figured, „what the hell, we’ll put them everywhere / Then they pulled off a break-in that was second-rate / And now it’s come to be known as Watergate / Haldeman Ehrlichman, Magruder and more / Defendants are falling like flies on the floor / But tricky Dicky says that he doesn’t know why / The people don’t believe his alibi / They had a tape recorder for the words that were said / But every now and then the damn thing would go dead / You’ll never tie me in with those dirty tricks / And I ain’t gonna leave until ’76 / Now in the summer of ’74 / The leaders who were leading aren’t leading no more / But you can still find them if you’ve got the time / Standing in the unemployment line / Haldeman Ehrlichman, Magruder and more“
Jay Lee & Michael Vee – Ballad of Watergate
Neil Young
Neil Young ist im Zusammenhang mit Nixon ein Sonderfall. Es gibt zwei Lieder in dem Zusammenhang, die er nachträglich korrigierte:
Ohio wurde kommentiert durch Campaigner.
Im Fernsehen sah er, wie Nixon am Bett seiner Frau saß, die einen Schlaganfall erlitten hatte? Er schrieb:
„The hospitals have made him cry, but there’s always a free way in his eye, though the beach just got to crowded for his stroll….even Richard Nixon has got soul“.
In „Alabama“ hatte Young eine massive Kritik m Rassismus in den Südstatten geschrieben. Lynyrd Skynyrd beantworten dies mit Sweet Home Alabama.
In der zweiten Strophe heißt es ausdrücklich:
I hope Neil Young will remember / A Southern Man don’t need him around anyhow.
Später wird der Gegensatz verdeutlicht:
„In Birmingham they love the governor, boo, boo, boo
Now we all did what we could do
Now Watergate does not bother me
Does your conscience bother you?“
In der Kritik wird das boo boo als deutliche Distanzierung von George Wallace angesehen. Ich bin da nicht ganz so sicher, singen sie doch am Ende noch mal:
Sweet home Alabama
Where the skies are so blue … And the governor’s true
Insofern äußern sie sich zumindest ambivalent. Eine inhaltliche Erwiderung auf Neil Young gibt es he nicht, sie stört wohl sein Stil als überheblich. Ich finde Überheblichkeit ist das Mindeste, was man dem Staat Alabama damals antun musste.
Lynyrd Skynyrd – Sweet Home Alabama
Auch später hat sich Young noch mehrfalls zu Nixon geäußert.
In Times fades away heißt es „all day presidents look out of windows“, was als Kritik an Nixons Hauptaufmerksamkeit auf dem Watergateskanadl verstanden wurde.
Und in Ambulance Blues singt er: „I never knew a man could tell so many lies, he [Nixon] had a different story for every set of eyes“.
Auf insgesamt 330 Titel zum Thema wird hier verwiesen:
https://rateyourmusic.com/list/JBrummer/richard-nixon-and-watergate-songs/